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Probezeitregelung bei Auszubildenden erklärt
Rechtsstand:

Urteil: Neue Probezeit bei zweiter Ausbildung?

Probezeitvereinbarung im zweiten Berufsausbildungsverhältnis

Das Arbeitsrecht sieht vor, dass mit Beginn eines Berufsausbildungsverhältnisses auch eine Probezeit einhergeht. Doch wie verhält es sich, wenn ein zweites Ausbildungsverhältnis zwischen denselben Parteien abgeschlossen wird? Nicht immer ist hier eine neuerliche Probezeit rechtens.

Der rechtliche Rahmen nach dem BBiG

Laut § 20 Satz 1 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) startet jedes Berufsausbildungsverhältnis grundsätzlich mit einer Probezeit. Allerdings gibt es Ausnahmen von diesem Prinzip, die besondere Umstände berücksichtigen.

Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Urteil vom 12. Februar 2015 (Az: 6 AZR 831/13) entschieden, dass die erneute Vereinbarung einer Probezeit in einem zweiten Berufsausbildungsverhältnis zwischen denselben Vertragsparteien unter bestimmten Bedingungen als unzulässig angesehen werden kann.

Wortlaut vs. Sinn und Zweck des Gesetzes

Das Gericht erklärte, dass der reine Wortlaut des § 20 BBiG suggeriert, jede neue Ausbildung beginne automatisch mit einer Probezeit. Eine solche Auslegung missachte jedoch den Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. Der eigentliche Zweck der Probezeit sei es, sowohl dem Ausbildenden als auch dem Auszubildenden eine gegenseitige Eignungsprüfung zu ermöglichen.

Wann ist eine erneute Probezeit unzulässig?

Eine neue Probezeit ist demnach nicht gerechtfertigt, wenn zwischen dem neuen und dem vorherigen Ausbildungsverhältnis ein so enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass man von einer Fortsetzung des ersten Verhältnisses sprechen kann. In solchen Fällen wäre eine weitere gegenseitige Prüfungsphase nicht notwendig.

Kriterien für die Beurteilung der Zulässigkeit

Zur Feststellung eines solchen sachlichen Zusammenhangs müssen spezifische Einzelfallumstände betrachtet werden. Dazu gehören der Grund und die Gesamtdauer der Unterbrechung, Besonderheiten des Ausbildungsberufs oder der Branche sowie die Frage, wer die Beendigung des ersten Ausbildungsverhältnisses initiiert hat.

Aktueller Verfahrensstand

Derzeit ist eine entsprechende Angelegenheit beim Landesarbeitsgericht Köln unter dem Aktenzeichen 11 Sa 105/20 anhängig, während das Arbeitsgericht Aachen unter dem Aktenzeichen 5 Ca 1237/19 bereits entschieden hat.

Diese Informationen dienen dazu, Arbeitnehmern und Interessierten im Arbeitsrecht Orientierung zu bieten. Wer jedoch in einer ähnlichen Situation steckt, sollte unbedingt fachkundigen Rechtsrat einholen, um seine individuelle Lage zu prüfen und die richtigen Schritte einzuleiten.