Was ist eine Betriebsänderung?
Eine Betriebsänderung ist eine vom Arbeitgeber herbeigeführte grundlegende Neuausrichtung oder Einschränkung betrieblicher Abläufe bis hin zur Stilllegung des Betriebs oder wesentlicher Betriebsteile. Eine Betriebsänderung hat in der Regel erhebliche immaterielle oder wirtschaftliche Nachteile, für die von ihr betroffenen Arbeitnehmer, angefangen von dem Bedeutungsverlust bislang wichtiger Qualifikationen durch die Einführung neuer Arbeitsmethoden bis hin zur Entlassung und damit zum Entzug der wirtschaftlichen Existenzgrundlage.
Wenn der Arbeitgeber eine Betriebsänderung plant, ist er daher bereits im frühen Planungsstadium dazu verpflichtet, dem Betriebsrat umfassend zu unterrichten und die geplanten Änderungen mit diesem zu beraten.
a) Die wichtigste Vorschrift über Betriebsänderungen findet sich in 111 S. 1 BetrVG, hier ist Folgendes festgehalten:
Gesetzestext:
„Ihr Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten.“
Wie man bereits aus dieser Vorschrift entnehmen kann, sind die rechtlichen Folgen einer Betriebsänderung im Sinne des BetrVG davon abhängig,
- dass in dem Unternehmen, zu dem der Betrieb der Betrieb gehört, mindestens 21 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt sind,
- und dass die geplanten Änderungen für die Belegschaft oder zumindest für erhebliche Teile der Belegschaft
- wesentliche Nachteile zur Folge haben können.
b) Welche Vorgänge nun als Betriebsänderung anzusehen sind, ergibt sich aus 111 S. 3 BetrVG in folgenden dort genannten Fällen:
- Einschränkung und/oder Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen
- Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen
- Zusammenschluss mit anderen Betrieben und/oder Spaltung von Betrieben
- grundlegende Änderung der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen
- Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren
Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) liegt in diesen fünf gesetzlich direkt aufgeführten Fällen ohne Weiteres eine Betriebsänderung vor, d.h., wenn ein solcher gesetzlich genannter Fall einer Betriebsänderung vorliegt, muss nicht mehr gesondert festgestellt werden, ob er auch wesentliche Nachteile für die Belegschaft beinhalten kann.
Die obig genannten Fälle sind nach der Rechtsprechung jedoch nicht abschließend, sodass auch andere Fälle von Betriebsänderungen denkbar sind.
Wie wird der Betriebsrat an der Betriebsänderung beteiligt?
Schritt 1: Interessenausgleich
Hier sieht der Gesetzgeber in §111 BetrVG ein sog. Phasenmodell vor:
1.Phase: Information
Im Rahmen der ersten Phase muss der Arbeitgeber den Betriebsrat über die geplante Betriebsänderung und die mit ihr voraussichtlich verbundenen Nachteile für die betroffenen Arbeitnehmer „rechtzeitig und umfassend“ unterrichten. Die Informationsphase bildet das Fundament für erfolgreiche weitere Verhandlungen.
„Umfassend“ bedeutet: Hier gilt es dann nach einer Erstinformation im Gremium einen umfangreichen Fragenkatalog zu entwickeln und qualifiziert und detailliert nachzufragen.
„Rechtzeitig“ bedeutet: Der Arbeitgeber muss über seine Planungen schon in einem Stadium, in dem sie noch nicht abschließend feststehen, unterrichten.
2.Phase: Beratung
Der Gesetzgeber verlangt außerdem eine Beratung über die geplante Maßnahme. Das bedeutet, dass der Betriebsrat auf Basis der erhaltenen umfassenden Informationen auch alternative Vorschläge entwickeln und unterbreiten kann. Daher gilt: je umfassender und detailreicher die Informationen vorliegen, umso kreativer kann man bei den Alternativvorschlägen sein.
3.Phase: Verhandlung
In dieser Phase erfolgt die Verhandlung über die Ausgestaltung der Maßnahme und die „Verbindung“ mit dem nächsten Schritt, nämlich die Ausgestaltung des Sozialplans.
Schritt 2: Sozialplan
In einem weiteren zweiten Schritt muss der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat über einen Sozialplan verhandeln.
Der Sozialplan ist eine Einigung über den Ausgleich über die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (§ 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG). Er kann vom Betriebsrat, anders als ein Interessenausgleich, durch Anrufen der Einigungsstelle erzwungen werden. Der Abschluss eines Sozialplans entfällt jedoch, falls man sich bereits bei den Interessenausgleichsverhandlungen mit dem Arbeitgeber darauf verständigt hat, dass die von ihm gewünschte Betriebsänderung unterbleibt. Da ein Interessenausgleich aber – wie erwähnt – vom Betriebsrat nicht erzwungen werden kann, gibt es einen den Planungen des Arbeitgebers zu wiederlaufenden Interessenausgleich faktisch nie.
Es kommt daher bei andauernder Meinungsverschiedenheit über eine Betriebsänderung entweder gar kein Interessenausgleich zustande (eher selten) oder es wird zwar ein Interessenausgleich vereinbart, doch dieser hat im Wesentlichen den vom Arbeitgeber gewünschten Inhalt.
Im Ergebnis kann der Betriebsrat über die geplante Betriebsänderung selbst nicht wirklich mit entschieden, da diese Teile der mitbestimmungsfreien unternehmerischen Freiheit sind. Aus diesem Grunde kann der Betriebsrat den Abschluss eines Interessenausgleichs nach dem Gesetz nicht erzwingen.
Bei der Frage hingegen, in welcher Weise die mit der Betriebsänderung verbundenen Nachteile für die Arbeitnehmer ausgeglichen oder zumindest gemildert werden sollen, kann der Betriebsrat mitbestimmen und daher einen Sozialplan – notfalls auch gegen den Willen des Arbeitgebers im Wege des Einigungsstellenverfahrens – herbeiführen.