Darlegungslast bei krankheitsbedingter Kündigung
Wenn Arbeitnehmer über mehrere Jahre hinweg immer wieder krankheitsbedingt fehlen, kann dies zu einer negativen Gesundheitsprognose führen, die unter Umständen eine Kündigung rechtfertigen könnte. Doch was bedeutet das konkret, und welche Rechte haben betroffene Arbeitnehmer?
Die Bedeutung der Gesundheitsprognose im Arbeitsrecht
Gemäß der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist für die Bewertung einer krankheitsbedingten Kündigung die Gesundheitsprognose des Arbeitnehmers entscheidend. Zeigen sich über einen Zeitraum von drei Jahren gehäuft Kurzerkrankungen, kann dies auf eine andauernde Krankheitsanfälligkeit hindeuten, auch wenn einzelne Erkrankungen, wie beispielsweise eine Grippe, ausgeheilt sind (vgl. § 1 KSchG).
Verschiedene Krankheiten, einheitliches Risiko
Es ist nicht von Bedeutung, ob die Arbeitsunfähigkeit durch unterschiedliche Krankheitsbilder verursacht wurde. Auch eine Vielzahl verschiedener Erkrankungen kann auf eine generelle Schwächung der Gesundheit hinweisen, die eine weiterhin negative Prognose zur Folge haben kann.
Ausnahmen von der Regel
Einmalige Krankheitsereignisse oder solche, die durch gezielte medizinische Eingriffe erfolgreich behandelt wurden, wie zum Beispiel durch eine Operation, werden in der Regel nicht als Indiz für eine anhaltende Krankheitsanfälligkeit gewertet.
Eigenverantwortung und Gegenbeweis
Arbeitnehmer, die selbst stichhaltige Gründe für ihre Erkrankungen und deren Heilung vorbringen können, schwächen damit die Indizwirkung häufiger Fehlzeiten ab. Es liegt jedoch nicht in ihrer Pflicht, den vollständigen Beweis zu führen, dass in Zukunft keine häufigen Erkrankungen mehr zu erwarten sind.
Medizinische Expertise im Prozess
Fehlt dem Gericht das medizinische Fachwissen, um die Gesundheitsprognose zu bewerten, muss es ein arbeitsmedizinisches Gutachten anfordern. Dies dient der Klärung, ob die Befürchtung weiterer Krankheiten gerechtfertigt ist. Auch die behandelnden Ärzte können als sachverständige Zeugen hinzugezogen werden.
Zeitpunkt der Kündigung als maßgeblicher Faktor
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung ist der Zeitpunkt ihres Zugangs entscheidend. Allerdings ist es nicht unzulässig, eine spätere Entwicklung zu berücksichtigen, wenn diese die angenommene Prognose bestätigt.
Fazit
Arbeitnehmer, die von häufigen Krankheiten betroffen sind, sollten sich ihrer Rechte bewusst sein und gegebenenfalls rechtlichen Rat einholen. Die Rechtslage ist komplex, und die individuellen Umstände des Einzelfalls sind entscheidend für die Beurteilung der Rechtslage.
Referenz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Januar 2020, Az: 26 Sa 1200/19.