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Rechtsstand:

Arbeitszeitbetrug: Video-Beweise unzulässig!

Kündigung wegen Arbeitszeitbetruges: Beweismittel Videoaufzeichnung und elektronisches Zugangserfassungssystem

Rechte der Arbeitnehmer bei Datenauswertung

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hat in seinen Urteilen vom 6. Juli 2022 (Az: 8 Sa 1148/20, 8 Sa 1149/20, 8 Sa 1150/20) wichtige Entscheidungen zur Verwendung von Daten aus elektronischen Zugangserfassungssystemen und Videoaufzeichnungen im Kontext einer Kündigung wegen Arbeitszeitbetruges getroffen. Wenn der Arbeitgeber sich in einer Betriebsvereinbarung dazu verpflichtet hat, keine personenbezogene Auswertung von Daten aus Kartenlesegeräten vorzunehmen, kann sich der Arbeitnehmer darauf berufen. Dies entspricht dem Datenschutzgrundsatz der Zweckbindung, der in der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Artikel 5 festgelegt ist.

Videoüberwachung und berechtigte Privatheitserwartung

Des Weiteren hat das Gericht klargestellt, dass, wenn der Arbeitgeber die Speicherdauer von Videoaufzeichnungen auf 96 Stunden beschränkt, der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass nur auf solche Videodateien zugegriffen wird, die nicht älter als 96 Stunden sind. Diese Beschränkung dient dem Schutz der Privatsphäre und der Einhaltung von Datenschutzvorschriften.

Einsatz von Videoüberwachung zur Arbeitszeitkontrolle

Eine Videoüberwachungsanlage an den Eingangstoren eines Betriebsgeländes wird vom Landesarbeitsgericht Niedersachsen als grundsätzlich ungeeignet und unnötig für die Kontrolle von Arbeitszeiten angesehen. Es wird betont, dass alternative, weniger eingreifende Methoden zur Arbeitszeitkontrolle bestehen und vorzuziehen sind.

Beweisverwertungsverbot bei alten Videoaufzeichnungen

Außerdem wurde festgelegt, dass der erstmalige Zugriff auf Videoaufzeichnungen, die älter als ein Jahr sind, in der Regel nicht als angemessen betrachtet wird, um einen behaupteten Arbeitszeitbetrug aufzudecken. In einem Kündigungsschutzprozess unterliegen solche alten Daten einem Beweisverwertungsverbot, da sie den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des fairen Verfahrens widersprechen.

Fazit: Schutz der Arbeitnehmer vor unangemessener Überwachung

Zusammenfassend betont das Landesarbeitsgericht Niedersachsen den Schutz der Arbeitnehmer vor unangemessener Überwachung und den sorgfältigen Umgang mit personenbezogenen Daten im Arbeitsverhältnis. Arbeitnehmer haben das Recht auf Privatsphäre und auf die Einhaltung von Datenschutzbestimmungen, auch im Kontext von Kündigungen wegen Arbeitszeitbetruges. Arbeitgeber müssen die gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere die DSGVO und das Kündigungsschutzgesetz, strikt beachten, um die Rechte ihrer Arbeitnehmer zu wahren.