Ärztliche Beratung im Homeoffice: Abhängige Beschäftigung bestätigt
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen präzisiert in einem wegweisenden Urteil die Kriterien für eine abhängige Beschäftigung bei Tätigkeiten im häuslichen Umfeld, wie im Falle einer Beratungshotline für medizinische Notfälle.
Hintergrund des Rechtsstreits
Im Fokus stand die Zusammenarbeit zwischen einem Versicherungsunternehmen und einer Rettungsmedizinerin. Die Ärztin war Teil einer Notfallhotline für Taucher, die als Serviceleistung einer Reisekrankenversicherung angeboten wird. Sie und das Unternehmen sahen ihre Tätigkeit als selbstständig an, während die Deutsche Rentenversicherung im Statusfeststellungsverfahren zu einem anderen Schluss kam.
Verpflichtungen unter der Lupe
Das Gericht (Az: L 2/12 BA 17/20) bestätigte die Position der Rentenversicherung und somit die Einstufung als abhängige Beschäftigung. Die Ärztin hatte sich vertraglich verpflichtet, während ihrer Schichten erreichbar zu sein und bestimmte wirtschaftliche Vorgaben des Unternehmens zu erfüllen.
Selbstständigkeit im Gesundheitswesen
Die ärztliche Eigenverantwortung bei medizinischen Behandlungen ist nicht gleichbedeutend mit einer selbständigen Tätigkeit. Die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten und die Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung, sind im Zeitalter des Homeoffice keine ausreichenden Indikatoren für eine Selbständigkeit.
Auswirkungen der Entscheidung
Diese Entscheidung sendet ein klares Signal bezüglich der arbeitsrechtlichen Einordnung von Homeoffice-Tätigkeiten. Selbst bei einer hohen Autonomie in der Ausführung der Arbeit kann eine abhängige Beschäftigung vorliegen, wenn bestimmte Verpflichtungen gegenüber dem Auftraggeber bestehen.
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Relevanz für Arbeitnehmer und Unternehmen: Abhängige Beschäftigung
Das Urteil ist von Bedeutung für alle, die im Homeoffice arbeiten oder Arbeitsverhältnisse gestalten. Es verdeutlicht, dass die Kriterien für abhängige Beschäftigungen auch in flexiblen Arbeitsmodellen Anwendung finden. Arbeitnehmer und Unternehmen müssen sich bewusst sein, dass nicht nur der Ort der Arbeit, sondern auch die Vertragsgestaltung und die tatsächliche Handhabung der Arbeitsausführung entscheidend sind.
Das Gericht stützt sich in seiner Entscheidung auf die gesetzlichen Regelungen, unter anderem § 7 SGB IV, der die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und Selbstständigkeit regelt. Es zeigt, dass die Interpretation dieser Regelungen stetig an moderne Arbeitsformen angepasst wird und unterstreicht die Bedeutung einer klaren Vertragsgestaltung und der tatsächlichen Arbeitsorganisation für die sozialversicherungsrechtliche Bewertung.