Kündigung nach Anzeige gegen den Chef – Wann ist eine Kündigung gerechtfertigt?
Die Anzeige eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder die Führungsebene wegen eines vermeintlichen Delikts ist ein heikles Thema im Arbeitsrecht. Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat in seinem Urteil vom 15.08.2023 (Az: 5 Sa 172/22) klargestellt, dass die bloße Erstattung einer Strafanzeige nicht automatisch eine Kündigung rechtfertigt. Eine solche Handlung wird als Ausübung staatsbürgerlicher Rechte betrachtet, sofern sie nicht auf falschen oder leichtfertigen Behauptungen basiert.
Das Arbeitsverhältnis im Konflikt: Lösung durch Abfindung?
Das Gericht erkennt an, dass ein Arbeitsverhältnis aufgelöst werden kann, wenn eine persönliche Feindschaft oder ein Machtkampf die Zusammenarbeit nachhaltig stört und eine gütliche Einigung nicht in Sicht ist. In solchen Fällen kann das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung beendet werden.
Die Rechtsgrundlage der außerordentlichen Kündigung
Laut § 626 Abs. 1 BGB ist eine fristlose Kündigung dann möglich, wenn dem Arbeitgeber das Festhalten am Arbeitsverhältnis, auch nur bis zum Ende der Kündigungsfrist, nicht zuzumuten ist. Hierbei müssen die Umstände des Einzelfalls eingehend geprüft und die Interessen beider Vertragsparteien gegeneinander abgewogen werden.
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Strafanzeige und die Grenzen der Zumutbarkeit
Eine Strafanzeige kann unter Umständen eine Pflichtverletzung darstellen, wenn sie ohne triftige Gründe leichtfertig oder in unangemessener Weise erfolgt. Das Arbeitsgericht stellt jedoch auch klar, dass von einem Arbeitnehmer nicht erwartet werden kann, innerbetriebliche Schritte einzuleiten, wenn dadurch keine Abhilfe zu erwarten ist oder er sich selbst strafbar machen würde.
Wann ist eine Kündigung nach einer Anzeige rechtswirksam?
Die Beurteilung, ob eine Kündigung rechtmäßig ist, hängt von den objektiven Gegebenheiten zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs ab. Hierbei wird die konkrete Situation des Arbeitsverhältnisses objektiv bewertet.
Aktuelle Rechtsprechung im Fokus
Das Verfahren ist beim Bundesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen 6 AZN 756/23 anhängig, was zeigt, dass das Thema weiterhin von großer Relevanz ist und juristisch beleuchtet wird.
Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern zeigt, dass das Arbeitsrecht einen sorgfältigen Ausgleich zwischen den Rechten des Arbeitnehmers zur Anzeige von Straftaten und den Interessen des Arbeitgebers an einem störungsfreien Betriebsablauf anstrebt. Wer als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber mit solchen Situationen konfrontiert ist, sollte sich stets rechtlich beraten lassen, um die eigenen Rechte und Pflichten genau zu kennen.