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Rechtsanspruch auf Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung und Betriebsstilllegung
Rechtsstand:

Rechtsanspruch auf Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung und Betriebsstilllegung

Das Thema Abfindung ist für viele Arbeitnehmer, die von einer betriebsbedingten Kündigung betroffen sind, von zentraler Bedeutung. Ein neues Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg bietet wichtige Orientierungspunkte für die Berechnung des Nachteilsausgleichs bei einer Betriebsstilllegung. Wir erörtern die Kernaussagen dieses Urteils und deren Bedeutung für betroffene Arbeitnehmer.

Kernaussagen des Urteils


Das Gericht hat entschieden, dass Arbeitnehmer, die im Zuge einer Betriebsstilllegung entlassen werden, ohne dass zuvor ausreichend ein Interessenausgleich gemäß § 112 BetrVG versucht oder ein Sozialtarifvertrag abgeschlossen wurde, einen Anspruch auf Abfindung nach § 83 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 TVPV haben. Dies gilt auch für den Fall einer Insolvenz des Arbeitgebers und ist unabhängig von dessen finanzieller Leistungsfähigkeit.

Bemessung der Abfindung


Das Landesarbeitsgericht verweist auf § 10 KSchG, der Rahmenbedingungen für die Abfindungshöhe je nach Lebensalter und Dauer der Beschäftigung vorgibt. Es wird eine Abfindung von 0,5 Monatsverdiensten pro Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses für angemessen erachtet, analog zur Regelung in § 1a Abs. 2 KSchG. Diese Berechnungsgrundlage unterstreicht die gesetzgeberische Wertung und wird vom Bundesarbeitsgericht (BAG) unterstützt.

Definition der Betriebsstilllegung


Eine Betriebsstilllegung liegt vor, wenn der Betriebszweck aufgegeben und die Betriebsorganisation dauerhaft aufgelöst wird. Dies ist der Fall, wenn der Unternehmer unumkehrbare Maßnahmen zur Auflösung der Organisation ergreift und dadurch die Fortführung des Betriebs unmöglich macht.

Beispiel Air Berlin


Im Kontext der Betriebsstilllegung von Air Berlin wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Einstellung des Flugbetriebs am 27. Oktober 2017 noch keine unumkehrbaren Maßnahmen zur Auflösung der Betriebsorganisation getroffen wurden. Erst mit der Entlassung des Kabinenpersonals am 27. Januar 2018 wurde der Betriebszweck endgültig aufgegeben.

Geltendmachung von Nachteilsausgleichsansprüchen


Die Ansprüche auf Nachteilsausgleich sind in Form der Leistungsklage zu erheben. Bei Anzeige einer Masseunzulänglichkeit im Insolvenzfall, wie am 30. April 2019 geschehen, ist der Anspruch auf Nachteilsausgleich nach § 83 TVPV festzustellen. Es handelt sich dann um eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 InsO.


Das Urteil des LAG Berlin-Brandenburg verdeutlicht die Ansprüche von Arbeitnehmern bei einer betriebsbedingten Kündigung im Rahmen einer Betriebsstilllegung. Es betont die Bedeutung eines rechtmäßigen Interessenausgleichs und die Pflicht des Arbeitgebers, eine angemessene Abfindung zu zahlen. Arbeitnehmer sollten sich ihrer Rechte bewusst sein und im Zweifelsfall rechtlichen Beistand in Anspruch nehmen.

Die genannten Paragraphen und Urteile sind essentiell für das Verständnis der Rechtslage und sollten von Arbeitnehmern und Interessierten des Arbeitsrechts berücksichtigt werden.