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Rechtsstand:

Freigestellt und trotzdem Lohn? Urteil klärt!

Arbeitsrecht – Verzugslohnanspruch nach einseitiger Freistellung durch den Arbeitgeber
Grundsätzlich kann nur für den Fall einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung von der Entbehrlichkeit eines Angebots der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer gemäß § 296 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) ausgegangen werden.

Jedoch kann ein Angebot der Arbeitsleistung ausnahmsweise auch dann entbehrlich sein, wenn offenkundig ist, dass der Arbeitgeber auf seiner Weigerung, die geschuldete Leistung anzunehmen, beharrt.

Dieser Umstand kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber durch einseitige Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeit auf das Angebot der Arbeitsleistung verzichtet.

Hierzu führte das Gericht aus:

Der Arbeitgeber kommt gemäß § 293 BGB in Annahmeverzug, wenn er im erfüllbaren Arbeitsverhältnis die ihm angebotene Arbeitsleistung nicht annimmt. Im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer gemäß § 294 BGB die Arbeitsleistung tatsächlich anbieten.

Ein wörtliches Angebot des Arbeitnehmers i. S. d. § 295 BGB ist dann ausreichend, wenn der Arbeitgeber ihm erklärt hat, er werde die Leistung nicht annehmen oder er sei nicht verpflichtet den Arbeitnehmer zu einem die tatsächliche Heranziehung übersteigenden Umfang zu beschäftigen.

Streiten die Parteien über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, genügt ein wörtliches Angebot des Arbeitnehmers. Dieses kann darin liegen, dass der Arbeitnehmer gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses protestiert und/oder eine Bestandschutzklage einreicht.

Grundsätzlich kann nur für den Fall einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung von der Entbehrlichkeit eines Angebots der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer gemäß § 296 BGB ausgegangen werden. Jedoch kann ein Angebot der Arbeitsleistung ausnahmsweise auch dann entbehrlich sein, wenn offenkundig ist, dass der Arbeitgeber auf seiner Weigerung, die geschuldete Leistung anzunehmen, beharrt. Dieser Umstand kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber – wie hier – durch einseitige Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeit auf das Angebot der Arbeitsleistung verzichtet.

Die zuletzt genannten Voraussetzungen im Hinblick auf den Ausnahmetatbestand der Entbehrlichkeit eines Angebots i. S. d. § 296 BGB sind vorliegend erfüllt. Das Arbeitsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung diesbezüglich zutreffend wie folgt ausgeführt:

„Eines Angebots der Arbeitsleistung durch die Klägerin bedurfte es nicht, da der Beklagte durch Ausspruch der Kündigung, Entgegennahme der zur Arbeit notwendigen Schlüssel und dem Ausspruch eines Hausverbotes hinreichend klar zu erkennen gab, dass er an weiterer Arbeitsleistung durch die Klägerin nicht interessiert war und diese von der Arbeitspflicht freistellte. So zumindest konnte und durfte ein objektiver Dritter der Erklärungen und das Verhalten des Beklagten gegenüber der Klägerin verstehen. Spricht der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer eine Kündigung aus und fordert von ihm notwendige Arbeitsmittel, wie den Arbeitsschlüssel des vom Arbeitnehmer einzig zu reinigenden Arbeitsobjektes heraus und erteilt ihm darüber hinaus ein Hausverbot für das vom Arbeitnehmer einzig zu reinigende Objekt, ohne dass der Arbeitgeber gleichzeitig klar macht, dass er lediglich kein Interesse mehr an der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers in diesem einen Objekt habe, so ist dies vom Arbeitnehmer regelmäßig dahingehend zu verstehen, dass der Arbeitgeber in Gänze nicht mehr gewillt ist, Arbeitsleistungen des Arbeitnehmer entgegen zu nehmen.“

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich das erkennende Gericht an und verzichtet auf eine weitergehende Begründung, da der Beklagte den diesbezüglichen tatsächlichen Feststellungen und zutreffenden rechtlichen Folgerungen durch das Arbeitsgericht mit der Berufung nicht entgegen getreten ist.

Soweit der Beklagte dem entgegen hält, er habe im Anschluss die Übergabe der Kündigung verbunden mit dem Ausspruch eines Hausverbotes und der Aufforderung die Arbeit sofort einzustellen sowie der Herausforderung der Schlüssel und des Arbeitskittels die Klägerin aufgefordert, „sich am 30.08.2018 in der Geschäftsstelle des Beklagten zu Übernahme eines anderen Einsatzortes einzufinden“ bzw. „am nächsten Tag um 08:00 Uhr in der Firma zu sein“, so vermag das erkennende Gericht dem nicht zu folgen.

Wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer – wie hier – einseitig von der Erbringung der Arbeitsleistung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist freistellt, so ist er für die Behauptung, er habe dieser einseitige Freistellung des Arbeitnehmers durch eine nachfolgende und unmissverständlich konkrete Erklärung aufgehoben, darlegungs- und beweispflichtig.

LAG Mecklenburg-Vorpommern, 15.01.2020 – Az: 3 Sa 184/19