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Rechtsstand:

Betriebsrat klärt: Wie läuft Homeoffice?

Unterlassungsanspruch bei Missachtung der Mitbestimmung

Das Landesarbeitsgericht München hat in einem bedeutenden Urteil vom 10. August 2023 (Az: 8 TaBVGa 6/23) die Rechte des Betriebsrats in Bezug auf die Mitbestimmung bei der Ausgestaltung des mobilen Arbeitens bekräftigt. Dabei wurde klar herausgestellt, dass Betriebsräte auch ohne eine explizite gesetzliche Grundlage im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) einen Unterlassungsanspruch geltend machen können, wenn ihre Mitbestimmungsrechte verletzt werden.

Das Betriebsverhältnis als Dauerschuldverhältnis

Interessant in diesem Zusammenhang ist die rechtliche Einordnung des Betriebsverhältnisses. Es wird mit einem gesetzlichen Dauerschuldverhältnis verglichen, was bedeutet, dass aus der Betriebsratswahl und der damit verbundenen Anerkennung ein dauerhaftes Rechtsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat entsteht. Dieses Verhältnis bringt neben den ausdrücklich im BetrVG festgelegten Pflichten auch Nebenleistungsansprüche mit sich, die eingeklagt werden können.

Die Mitbestimmung beim „Wie“ der Mobilarbeit

Die Kernfrage dieses Falls bezog sich auf die Ausgestaltung, das „Wie“, der mobilen Arbeit. Der § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG erfordert, dass der Arbeitgeber bei der Festlegung von Rahmenbedingungen für mobile Arbeit die Mitbestimmung des Betriebsrats einholt. Wichtig zu verstehen ist, dass nicht die Entscheidung über die Einführung mobiler Arbeit („Ob“), sondern vielmehr die konkreten Bedingungen („Wie“) unter die Mitbestimmung fallen. Dazu gehört beispielsweise die Festlegung, wie oft Mitarbeiter im Monat im Betrieb anwesend sein müssen oder unter welchen Voraussetzungen sie von zu Hause aus arbeiten können.

Konkreter Streitpunkt: Anwesenheitspflicht und Flexibilität

Im konkreten Fall ging es um eine neue Betriebsvereinbarung, die erstmalig eine verpflichtende Anwesenheit der nichtleitenden Mitarbeiter von vier Tagen im Monat festlegen wollte. Darüber hinaus sollte die Flexibilität des mobilen Arbeitens von persönlichen oder geschäftlichen Bedürfnissen abhängig gemacht werden. Diese Regelungen stellten ein mitbestimmungspflichtiges „Wie“ dar und hätten daher nicht ohne die Zustimmung des Betriebsrats eingeführt werden dürfen.

Wichtige Erkenntnisse für Arbeitnehmer und Arbeitsrecht-Interessierte

Dieses Urteil ist vor allem für Arbeitnehmer und solche, die sich für das Arbeitsrecht interessieren, von großer Bedeutung. Es unterstreicht die Notwendigkeit für Arbeitgeber, die Rechte des Betriebsrats zu respektieren und bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit dessen Mitbestimmung zu suchen. Für Betriebsräte wiederum bietet es eine rechtliche Bestätigung ihrer Rolle und ihrer Ansprüche im Falle von Verletzungen ihrer Rechte.

In diesem Zusammenhang ist es für Arbeitnehmer wichtig zu verstehen, dass sie über ihre betrieblichen Vertretungen erheblichen Einfluss auf die Gestaltung ihrer Arbeitsbedingungen haben können. Dieses Urteil sollte daher als Ermutigung dienen, aktiv an Betriebsratswahlen teilzunehmen und die Mitbestimmungsrechte zu nutzen.

Die Entscheidung des LAG München trägt maßgeblich dazu bei, die Position des Betriebsrats zu stärken und die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmervertretern im Sinne eines fairen und ausgewogenen Arbeitsumfeldes zu fördern.