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Rechtsstand:

Freie Stellen: Betriebsrat verlangt Transparenz!

Die gesetzliche Grundlage und ihre Bedeutung

Nach § 93 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) besitzt der Betriebsrat das Recht, vom Arbeitgeber die Ausschreibung offener Arbeitsplätze innerhalb des Unternehmens zu verlangen. Dieses Recht etabliert einen wichtigen Mechanismus für die Förderung der innerbetrieblichen Karrierechancen sowie für die Transparenz der Personalpolitik. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, vor der Entscheidung zur Besetzung einer Stelle und der Bitte um Zustimmung beim Betriebsrat, eine Ausschreibung vorzunehmen.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG)

Am 11. Oktober 2022 hat das Bundesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen 1 ABR 16/21 eine wichtige Entscheidung getroffen, die die Rechte des Betriebsrats bei der innerbetrieblichen Stellenausschreibung bekräftigt. Das Gericht bestätigte, dass der Arbeitgeber nicht von der Pflicht zur Ausschreibung freier Stellen entbunden ist, selbst wenn eine diesbezügliche Betriebsvereinbarung gekündigt wurde. Die Kündigung hebt nicht das im Abschluss der Betriebsvereinbarung implizit enthaltene Verlangen des Betriebsrats auf.

Der Zeitpunkt der Ausschreibung

Entscheidend ist der Zeitpunkt der Stellenausschreibung. Das Gesetz fordert, dass die Ausschreibung vor der Entscheidung über die Besetzung der Stelle und vor der Anfrage um Zustimmung beim Betriebsrat erfolgt. Dies dient dazu, den innerbetrieblichen Arbeitsmarkt zu aktivieren und Transparenz zu schaffen. Eine nachträgliche Ausschreibung, nachdem der Arbeitgeber bereits eine Entscheidung getroffen hat, würde nicht dieselben Ziele erreichen und den Eindruck erwecken, die Entscheidung sei bereits gefallen.

Die Systematik des Betriebsverfassungsgesetzes

Die Systematik des BetrVG steht einer nachträglichen Ausschreibung während des Zustimmungsersetzungsverfahrens nicht entgegen. Im Fokus steht die gegenwärtige und zukünftige Zulässigkeit der personellen Maßnahme. Doch der Sinn und Zweck des § 93 BetrVG betont, dass die Ausschreibung vor der Entscheidung erfolgen soll.

Ausnahmefälle und Dringlichkeit

Das BAG lässt offen, ob in Ausnahmefällen, bei denen eine sofortige Besetzung einer Stelle aus dringlichen Gründen erforderlich ist, eine Ausschreibung nachgeholt werden darf. Dies wäre aber nur in Situationen denkbar, in denen eine Ausschreibung zeitlich unzumutbar wäre.

Diese Entscheidung des BAG bekräftigt die wichtige Rolle des Betriebsrats bei der Förderung eines transparenten und gerechten Stellenbesetzungsprozesses. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind gleichermaßen aufgerufen, die Anforderungen des § 93 BetrVG ernst zu nehmen und für eine faire und offene innerbetriebliche Kommunikation zu sorgen.