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SE-Gründung: Wann zählt Mitarbeiterzahl?

Keine Beteiligungspflicht bei arbeitnehmerloser SE

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg hat mit seinem Beschluss vom 1. September 2022, Aktenzeichen 3 TaBV 29/21, wichtige Klarheit im Hinblick auf die Durchführung eines Arbeitnehmerbeteiligungsverfahrens nach dem SE-Beteiligungsgesetz (SEBG) geschaffen. Dieser Fall betrifft Unternehmen, die in der Rechtsform einer Societas Europaea (SE) organisiert sind und keine Arbeitnehmer beschäftigen.

Spezifische Bedingungen für die Einrichtung eines Verhandlungsgremiums

Nach der Entscheidung des LAG Nürnberg ist es nicht erforderlich, ein besonderes Verhandlungsgremium einzusetzen, wenn eine SE als Komplementärin einer Kommanditgesellschaft (KG) agiert und dabei mehr als 2.000 Beschäftigte hat, sofern die SE selbst keine Arbeitnehmer beschäftigt. Dies bleibt auch dann bestehen, wenn die SE eine Verwaltungs-GmbH als Komplementärin abgelöst hat, in der zuvor kein Aufsichtsrat eingerichtet war. Der Gesetzgeber hat für solche Fälle keine mit § 4 Abs. 1 des Mitbestimmungsgesetzes (MitbestG) vergleichbare Regelung für die SE getroffen.

Mindestbeschäftigtenzahl für die Arbeitnehmerbeteiligung

Laut § 5 Abs. 1 SEBG wird eine Mindestanzahl von zehn Arbeitnehmern vorausgesetzt, um eine Arbeitnehmerbeteiligung auszulösen. Falls eine SE nicht selbst mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt oder in Summe mit ihren beteiligten Gesellschaften und Tochtergesellschaften unter dieser Zahl liegt, ist die Gründung einer SE ohne Arbeitnehmerbeteiligungsverfahren möglich.

Wann muss ein Beteiligungsverfahren nachgeholt werden?

Das Gericht stellte außerdem klar, dass ein Arbeitnehmerbeteiligungsverfahren nur dann erforderlich ist, wenn die SE wirtschaftlich aktiv wird und selbst mindestens zehn Arbeitnehmer beschäftigt. Der bloße Beitritt einer SE als Komplementärin zu einer KG löst somit nicht das Erfordernis eines Beteiligungsverfahrens aus.

Wichtige Erkenntnisse für die Unternehmenspraxis

Diese Entscheidung des LAG Nürnberg ist besonders für Unternehmen von Interesse, die eine SE-Struktur anstreben oder bereits umgesetzt haben. Sie gibt Aufschluss darüber, unter welchen Umständen ein Arbeitnehmerbeteiligungsverfahren notwendig ist und schafft somit Rechtssicherheit für die betroffenen Unternehmen und deren Berater. Arbeitnehmer und Interessenvertreter sollten sich dieser rechtlichen Rahmenbedingungen bewusst sein, um ihre Rechte und Pflichten im Kontext einer SE korrekt einzuschätzen.