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Filetiermesser-Vorfall: Wann ist eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt?
Rechtsstand:

Filetiermesser-Vorfall: Wann ist eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt?

Umsichtige Handhabung von Werkzeugen am Arbeitsplatz

Die Arbeit mit scharfen Werkzeugen, wie einem Filetiermesser, erfordert eine hohe Sorgfalt. Doch nicht jeder unsachgemäße Einsatz solcher Gegenstände stellt einen ausreichenden Grund für eine Kündigung dar, besonders, wenn keine vorherige Abmahnung erfolgt ist.

§ 626 Abs. 1 BGB und die Schwelle zur außerordentlichen Kündigung

Laut § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Eine ernsthafte Bedrohung, die Leib oder Leben gefährdet, kann als solcher wichtiger Grund anerkannt werden. Jedoch muss laut § 241 StGB die Absicht des Arbeitnehmers erkennbar sein, dass die Drohung ernst genommen wird.

Der Fall: Kein bedingter Vorsatz nachweisbar

Im verhandelten Fall des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein (Az: 5 Sa 5/23) wurde einem Industriemechaniker vorgeworfen, einer Kollegin ein Filetiermesser bedrohlich nah an den Hals gehalten zu haben. Die daraufhin ausgesprochene fristlose, sowie die hilfsweise ordentliche Kündigung, wurden jedoch für unwirksam erklärt.

Fehlende Abmahnung als Kündigungshindernis

Das Gericht stellte fest, dass keine absichtliche Bedrohung durch den Kläger nachgewiesen werden konnte. Zudem hätte eine etwaige fahrlässige Gefährdung durch den unachtsamen Umgang mit dem Messer zunächst durch eine Abmahnung geahndet werden müssen, bevor eine Kündigung gerechtfertigt gewesen wäre.

Rechtskräftige Entscheidung für den Arbeitnehmer

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein ist rechtskräftig und stärkt die Position des Arbeitnehmers. Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist eine schwerwiegende Maßnahme, die nicht leichtfertig und ohne eindeutigen Nachweis gravierender Pflichtverletzungen erfolgen darf.

Diese Entscheidung des Arbeitsgerichts ist ein wichtiges Beispiel für die Notwendigkeit, dass Arbeitgeber die rechtlichen Voraussetzungen und formalen Anforderungen kennen, bevor sie eine außerordentliche oder ordentliche Kündigung aussprechen. Sie zeigt auch die Bedeutung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des Abmahnungserfordernisses im Kündigungsprozess auf. Arbeitnehmer, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, sollten sich der Tragweite dieser Urteilsfindung bewusst sein und gegebenenfalls rechtlichen Beistand suchen.

Quelle: Pressemitteilung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein